Problemkind: Wenn Wissen nicht umgesetzt wird 22.12.06

Sehr geehrte Frau Birkenbihl, ungern denke ich an meine eigene Schulzeit zurück.
Ich habe drei Kinder und suche immer wieder nach neuen Anregungen, um ihnen ihre Schulzeit zu er-Leicht-ern und um ihnen zu vermitteln, dass Lernen Spaß machen kann. Ich habe dies erst nach der Schulzeit begriffen. Wahrscheinleich, weil ich es dann aus eigenem Antrieb heraus gemacht habe. So suchte ich für mich! vor Jahren nach Möglichkeiten zum einfacheren Lernen.
======= genau das waren auch meine anfänge gewesen...

Durch meinen Bruder stieß ich auf „Stroh im Kopf“. Letztens brachte er mir, ich glaube vom „Birkenbihl-Management-Kolleg in MAINZ“, „Legasthenie als Talentsignal“ von Ronald D. Davis mit, da mein ältester Sohn (11 Jahre) Legasthenie hat. Er war so begeistert von ihrem Seminar. Nicht nur von Ihren Themen, sondern auch die Art, wie Sie es rüberbringen, eben gehirn-gerecht, so dass man es auch behält.
======== das seminar erscheint bald als HÖRBUCH... alle anwesenden bekommen einen sonderpreis, hat er bestellt? dann könnten Sie es ja auch mal hören...

Da mein 8-jähriger Sohn Schulprobleme hat, suchten wir im Internet nach weiteren Büchern von Ihnen. Ich bestellte mir dann „Trotz Schule lernen!“ und „Trotzdem LERNEN“ und „Sprachenlernen leichtgemacht“, weitere Buchtitel werde ich in Angriff nehmen.
=========== achtung, ich habe es schon so oft gesagt: die beiden bücher sind PARALLEL gedacht, man sollte ENTWEDER das eine ODER das andere kaufen, nicht beide, da trotzdem LERNEN eine teilmenge von trotzdem LEHREN ist (also haben sie inhaltlich große überschneidungen) es wäre besser gewesen, das INNERE ARCHIV oder INTELLIGENTE WISSENS-SPIELE dazu zu nehmen...
******** ich glaube, Sie haben sich verlesen. siehe orange Schrift.
======== bei mir sind alle mails SCHWARZ, sorry, kann also nichts orangenes suchen...

Beim Lesen wurde mir dann aber klar, dass nicht wirklich das Lernen sein Problem ist, sondern das sich auf „Aufgabenstellungen einlassen“ und dass das Wissen im Kopf nicht in der Hand beim Schreiben ankommt. Dies ist auch der Grund, warum ich Ihnen schreibe. Sie dürfen diesen Artikel gern in der Wandzeitung veröffentlichen. Ich würde jedoch gern anonym bleiben. Lesen Sie bei Interesse doch einfach weiter.Er ist ein sehr wissbegieriger Junge, aber eben auch nur aus eigenem Antrieb heraus.
====== das gilt für ALLE KINDER und für alle MENSCHEN, leider wird der eigene antrieb in der schule oft pervertiert und deshalb scheint es ihn später nicht mehr zu geben...

Was ihn interessiert, nimmt er auch sofort auf und speichert es im Langzeitgedächtnis ab. Ein ganz wichtiger Aspekt ist beim ihm der Wettkampf. Wenn er sich mit seiner Zwillingsschwester, die in seine Parallelklasse (3. Klasse) geht, oder seinem großem Bruder messen kann, ist er klar im Vorteil. Wenn andere gefragt werden, sprudeln die Antworten nur so aus ihm heraus. Wenn er selbst nicht gefragt ist, ruft er sein Wissen gezielt ab. Wenn er selbst gefragt ist, sperrt er sich. Zumindest in der Schule.
====== weil dort strafen für fehler drohen (böse blicke von lehrkräften, amüsierte blicke von mitschülern, schlechte noten) - kein wunder, daß man dort bald nichts mehr sagen will...
************ Die Lehrer nennen es „unreif“
====== Sie meinen die lehrer, die die schuld im zweifelsfall immer bei den schülern suchen??

Einige Beispiele: Wenn er vor seinen 1x1-Aufgaben saß, rechnete er immer hoch, also 6,12,18,24 … Wenn ich aber seiner Schwester eine Aufgabe stellte, sagte er sofort die Antwort. Also machte ich ein Experiment. Wir machten ein Spiel daraus. Beide saßen sich am Tisch gegenüber, mit einem Stapel Karten (von 1-10). In der Mitte des Tisches stellten wir eine Klingel. Beide mussten gleichzeitig eine Karte auf den Tisch legen und die Zahlen darauf multiplizieren. Ich hatte die Zahlen noch nicht identifiziert, da drückte mein Sohn schon auf die Klingel und sagte die richtige Antwort.
======== Q.E.D. (was zu beweisen war; sehr guter test)
************übrigens ruft er seit dem Spiel das 1x1 gezielt ab und rechnet nicht mehr hoch; Wir haben zur gleichen Zeit noch ein anderes Spiel gespielt. Die Kleinen hatten noch nicht verinnerlicht, dass 1+9, 2+8, 3+7, 4+6, 5+5, usw. zusammengehören, wenn man bis zum nächsten Zehner rechnet. Wir nahmen wieder die Karten von 1-10 und die Klingel. Nacheinander legten sie die Karten ab. Wenn die letzten beiden Karten zusammen 10 ergaben, musste man schnell die Klingel drücken und bekam dann den ganzen Kartenstapel. Dabei hatten sie einen Heidenspaß. Sie setzten das Gelernte sofort für den Zahlenraum bis 1000 um, also 20+80=100; 200+800=1000 usw. Es hat ihnen das Rechnen unheimlich erleichtert.
Eine Bekannte hat sich mit ihrer Freundin über dieses Thema unterhalten. Die sagte: „Hätte mir das einer früher erzählt, das 4 und 6 zehn sind und 7 und 3 auch 10 sind, hätte ich es leichter in der Schule gehabt.“ Sie hat sie natürlich nur entsetzt angesehen und gar nicht verstanden, worauf sie hinauswollte.
Aber es trifft den Kern genau. Wie viele Kinder gehen ohne Aha-Erlebnisse durch die Schule und quälen den Lernstoff in sich hinein.
======== ich habe zwei präschul-rechen-spiele entwickelt, die bald als 1-euro-LEKTIÖNCHEN bei www.birkenbihl-email-akademie erscheinen werden. eines (ein WÜRFELSPIEL) trainiert eben diese tatsache, daß die einzelnen „summanden“ in beliebiger reihenfolge zur selben summe führen UND, daß die summen von 3 und 7 = 7 + 3 sind. das ist m.e. die VORSTUFE zu der einsicht, die Sie eben beschrieben haben...

Ein weiteres Problem ist das Lesen. Er kann sehr gut lesen und den Inhalt erfassen. Bei Aufgabenstellungen hat er aber seine Probleme. Ich weiß nicht, ob es die Unlust oder der Zwang ist, es jetzt tun zu müssen. Er schaltet dann regelrecht ab. Es sei denn, er will schnell fertig werden, da er verabredet ist. Wenn er ein anderes Ziel vor Augen hat, bringt er seine Konzentration auf den Punkt und erledigt seine Aufgaben schnell. In der Schule gilt er jedoch als Träumer und einer, der die Aufgaben nicht in der angemessenen Zeit schafft. Wenn Aufgaben besprochen werden, ist er mit seinen Gedanken oft woanders und geht die Aufgaben dann falsch an.
======= ein typisches „erzeugnis“ von schule, er ist nicht allein; die meisten kindern mit angeblichen lernproblemen sind äußerst intelligent und lernfähig AUSSERHALB der schule...

Als er zu Hause mal wieder seine Matheaufgaben zügig erledigte sagte ich zu ihm: Du kannst die Aufgaben doch so gut und schnell rechnen. Deine Lehrerin freut sich bestimmt, wenn du das in der Schule auch machst. Seine Antwort: Mama, dann bekomme ich doch einen neuen Zettel.
======= recht hat er. man will nicht „für andere“ rechnen, man will rechnen, wenn man etwas rechnen möchte (z.b. um eine aufgabe zu lösen, in deren verlauf rechnen wichtig ist). so wie im echten leben, im gegensatz zur schule...

Die letzte Mathearbeit hat er verhauen, weil er sich nicht auf die Aufgaben einließ. Als seine Schwester aber Probleme mit solchen Aufgaben hatte, hat er ihr erst einmal erklärt, wie es geht.
Absolut verhasst sind Textaufgaben. Er sagt sofort das Ergebnis, den Weg dahin kann oder will er jedoch nicht aufzeigen. Er sperrt sich dann total und ist nicht mehr bereit es zu durchdenken. Hier hatte er ein einschneidendes Erlebnis. Die erste Textaufgabe in einer Arbeit der 2. Klasse.46 Kinder gehen auf Klassenfahrt. 23 Mädchen sind schon im Bus.Seine Frage dazu: Sind alle Mädchen im Bus?Daraus konnte er natürlich keine Rechnung aufstellen. Der Rest der Textaufgaben blieb leer.Ich habe mich auch gefragt, ob man Kindern nicht eine eindeutigere Aufgabe stellen kann. Aber das löst ja nicht das Problem, dass er sofort blockiert.
======== welchen jungen interessiert es, wievielw mädchen im bus sind? warum kann man nicht themen wählen, die jungen interessieren? aber das können Sie zuhause tun, basteln Sie textaufgaben zu seinen themen (also zu dingen, die er tatsächlich rechnen können möchte).
********** habe ich genau zu dieser Aufgabe gemacht: Eine Opti-Gruppe mit 46 Kindern will einen Ausflug auf dem Wasser machen. 13 Opti-Kinder sind schon aus dem Hafen gesegelt. Frage, Rechnung und Antwort waren kein Problem mehr. Wobei ich die Aufgabe natürlich verbal umformuliert habe.Wir werden weiterbasteln, vielleicht als Rätsel formulieren. So kann jeder ein Rätsel für die anderen erstellen.
======== das ist sehr gut und wird eine menge bringen!

Deutsch: Wenn man ihn fragt, kann er fast jedes Wort buchstabieren. Er weiß geht wird mit h, Biene mit ie geschrieben usw. Seine Schwester berichtigt er, wenn sie mal wieder Probleme mit dem Dativ hat. Seine anfänglich eigenen Sprachprobleme in früher Kindheit hat er sich selbst ausgetrieben.
======= wunderbar. er ist kind, das ohne schule „normal“ wäre und er ist genau so normal als SCHULKIND, weil das system ihn nicht ansprechen kann und er kein roboter ist und keinen bock auf ewiges fehlersuchen, kritik und notendruck hat.
************ Fehlersuchen ist das Stichwort. Die Lehrerin kontrolliert alle Hefte, egal welches Fach. Neben die Aufgaben schreibt sie dann ihre Kommentare. Mit dem Effekt, dass mein Sohn sie nicht mehr liest. Mühevoll hat er seine Textaufgaben richtig gelöst. Die Lehrerin sah nach und hat seine Rechtschreibfehler korrigiert. So das wieder alles rot war.
========= das ist wirklich schlimm. vorschlag: wie wäre es, wenn Sie die komentare der lehrerin mit POST-IT-s (zurechtgeschnitten) überkleben und erst mal einen POSITIVEN kommentar schreiben? dann kann man gemeinsam gucken, was die lehrerin wieder zu „meckern“ hatte. merke: erwartetes ist besser zu ertragen. wenn er eine tabelle anlegt und die kritikpunkte der lehrerin SAMMELT und einträgt, dann wird ihre wirkung entschärft, weil er nicht mehr auf positive bemerkungen hofft. manche leute sind sog. MISMATCHER, das sind hervorragende kritiker, nur sollten sie keine schullehrerInnen in den unterklassen sein!

Eine weitere Assoziation zum Thema Rechtschreibung: Er bekam einmal einen Text in Deutsch, in dem dass nach alter Rechtschreibung mit ß geschrieben war.
Nach dem Lesen fragte ich ihn, ob ihm etwas aufgefallen wäre. Ich erwartete natürlich keine Antwort. „Ja, Mama, da war dass zwei mal mit ß geschrieben.Wenn er Übewörter oder Texte fürs Diktat schreibt, sagt er mir vor jedem Wort die Buchstaben auf die es ankommt, wie ie, h, ß usw. Sein legasthener Bruder hat einmal auf die Schnelle ein Schild für seine Tür geschrieben bevor er auf Klassenfahrt fuhr.Ungefähr so: wen ich weck bin darf keiner in mein zimer gen !!!
====== sehr kreativ!

Mein jüngerer Sohn fand es so toll, dass er sich auch eins erstellte. Er schrieb jedoch jedes Wort richtig auf und dachte auch an Satzanfang groß usw. Ich habe manchmal das Gefühl, dass sein Kopf und seine Hand nicht zusammenarbeiten. Außer, wenn er es aus eigenem Antrieb macht.
======= das gilt doch für JEDEN MENSCHEN, warum ist das so schwer zu begreifen? wir alle tun nur dinge gern, die wir gern tun. und wir alle hassen es, dinge zu tun, bei denen jemand laufend auf fehler lauert, die dann hervorgehoben und bestraft werden. machen Sie ihm das doch bitte nicht zum vorwurf!
******Ich mache es ihm nicht zum Vorwurf. Ich kann ihn ja selbst so gut verstehen. Ich war in der Grundschule auch eher schüchtern. Aus Angst zu versagen, habe ich den Lehrern nicht geantwortet, obwohl ich die Antwort gewusst habe. Wenn man seinen Stempel erst einmal weg hat, sehen die Lehrer auch keine Erfolge mehr. Genau das wollte ich meinen Kindern ersparen.
======= dann bin ich froh, bestärken Sie ihn immer wieder durch betonen, daß es leute gibt , wie jene mismatcher, die halt im zweifelsfall immer das sehen, was nicht stimmt... das ist diesen leuten in der regel GAR NICHT BEWUSST und da man in der lehrerausbildung den eindruck bekommt, man solle alle fehler korrigieren, wird diesen leuten nie klar, welche pein sie ununterbrochen auslösen...

Ich habe nun einen Termin mit einer Schulpsychologin gemacht. Da deren Terminkalender überfüllt ist, läuft mir natürlich die Zeit weg. Die Lehrerin hat mir vorgeschlagen, ihn ein Jahr zurückzusetzen.
====== die lehrer wollen alle aussortieren, die unbequem sind. daß er als versager dasteht und die sozialen bindungen verliert, was für einen jungen es. schlimm wäre (s. mein buch JUNGEN UND MÄDCHEN - WIE SIE LERNEN), wird dabei nicht berücksichtigt. sitzenbleiben ist die art von „strafe“ des schulsystems, das von der genfer konvention verboten gehört, so etwas dürften wir nicht einmal mit kriegesgefangenen machen.
******Sie sprechen mir aus der Seele.

Darauf wird es wohl hinauslaufen, aber das löst ja nicht sein Problem.
====== wenn er nicht freiwillig will (das sagen Sie leider nicht), wird es seine probleme verschlimmern. jungen brauchen den klassenverband weit mehr als mädchen und es gibt zig studien, die alle zeigen, daß die sitzenbleibe im wiederholungsjahr NICHT BESSER LEISTEN! denn es sind ja vor allem die, die sich gegen stures pauken und andere nicht gehirn-gerechte vorgehensweisen wehren (wie ich damals auch).
******Er will natürlich nicht aus seiner Klasse raus. Er hat Angst, dass er dann von den anderen geärgert wird und keiner mehr mit ihm spielen möchte. Er nannte Kinder, denen es so ergangen ist. 

Ich habe Angst, dass er sich dann noch mehr in sein Schneckenhaus zurückzieht und wieder abschaltet.
======= da haben Sie völlig recht. er müßte auf eine GUTE SCHULE kommen, montessori oder ähnlich, da könnte er sich ENTWICKELN. er ist intelligent, lernfähig und an vielem interessiert und schule könnte ihn kaputtmachen, wie so viele sensible kinder jedes jahr...
******Montessori gibt es in unserem Kreis leider nicht. Als absolute Nordlichter haben wir zum einen die Dänischen Schulen. Dort muss man natürlich gern schon im Dänischen Kindergarten starten. Aufgrund der Schulreform in Schleswig-Holstein werden die Dänischen Schulen bestimmt noch einen größeren Zulauf bekommen. Die andere Alternative wäre die Waldorfschule, die im nächsten Kreisgebiet liegt.
======= nun, das wären doch alternativen zu dem, was sonst noch blühen könnte.....?

Bis vor kurzem hat man ihm nicht angemerkt, dass ihm seine Zensuren etwas ausmachen. Doch so langsam kommen natürlich bei ihm Selbstzweifel.
======= wundert es denn? es geht doch gar nicht anders, noch dazu, bei einem kind, daß wettberwerbe GEWINNEN will!

Ansonsten ist er ein sehr sportlicher Typ. Er hat ein unheimlich gutes Gleichgewichtsgefühl. Übrigens tritt er Männern offener gegenüber als Frauen.
===== bei den lehrerinnen kein wunder, es könnte seine fähigkeit, frauen mit vertrauen zu begegnen füs ganze leben schädigen. den meisten lehrkräften ist nicht klar, welche immens machtposition sie haben.

Vielen Dank, dass sie sich für mich Zeit genommen haben,
====== suchen Sie eine andere schule für ihn. lesen Sie ihm stellen aus meinen büchern vor (mit der frage, wie er das findet) in denen ich klarstelle, daß das problem an der schule liegt und am system und nicht an den schülern. das könnte ihm auch helfen, weil das ein „außenseiter“ sagt... vielleicht schauen Sie mit ihm meine doppel-DVD GENIAL LERNEN und LEHREN (2 aufeinanderfolgende abende, bei denen einige kinder anwesend waren), die sehr beruhigt waren, daß es nicht sie sind, die versagen....
vfb

Ihre G.B.