Legastheniker und die Birkenbihl Methode 17.7.04

Liebe Frau Birkenbihl, die große Zahl der Teilnehmer Ihres Abendseminars in Landsberg hat Ihnen wieder einmal bestätigt, wie wichtig das Thema gehirn-gerechtes Sprachenlernen ist. So viele "leidgeprüfte" Erwachsene und Schüler(!), die Ihnen ganz begeistert zugehört haben, haben nun von der besten Alternative zur traditionellen Methode erfahren. Es war für mich wieder ein ganz besonderes Erlebnis dabei zu sein, ein herzliches Dankeschön für die unvergesslichen Stunden.
========= das tut gut.... :-)))

Sie wissen bereits, dass ich die Birkenbihl Methode im Spanischunterricht in der Schule einsetze und tolle Erfahrungen gemacht habe. Heute möchte ich aber etwas nachholen und Ihnen darüber berichten wie es zu meiner allerersten Erfahrung mit der Bi-Methode kam.
====== oj ja!

Es ist sozusagen die kleine Geschichte einer meiner Schüler, nennen wir ihn Daniel.
Bei uns in der Gesamtschule wird Spanisch im 9. und 10. Jahrgang als Wahlpflichtfach erteilt, früher mit drei Stunden heute sogar mit vier Stunden in der Woche. Es gilt als dritte Fremdsprache und wird von Oberstufengymnasien anerkannt, d.h. die "Gesamtschule-Absolventen" können dort in der 11. Klasse Spanisch im dritten Lernjahr weitermachen. Als ich vor ein paar Jahren mit dem Spanischunterricht in der Gesamtschule anfing, ging ich eher nach der traditionellen Methode vor, hatte aber irgendwie das Gefühl, auf dem Papier sind wir vielleicht weit gekommen (Soll erfüllt), aber so viel blieb bei den Schülern nicht hängen. Ich entdeckte damals Ihr (altes) "Stroh im Kopf?" und besorgte mir gleich danach "Sprachenlernenleicht gemacht!". Ich war total "baff", will heißen, mir leuchtete sofort ein, dass Sie Recht haben mussten! Aber ich stürzte mich mit der Birkenbihl Methode nicht gleich auf meine Schüler, zuerst wollte ich diese neue Methode"am eigenen Leib" erfahren :-)
======= gottseidank. es passiert immer wieder, das lehrende (oder eltern) vor lauter begeisterung starten, ohne einen selbst-versuch gemacht zu haben, das endet meist kläglich!

Ich verwendete dafür einen verstaubten Portugiesisch-Kurs für Anfänger, den ich mal gekauft hatte, aber der noch ungeöffnet bei mir rumlag. Eine erste unglaubliche Erfahrung für mich und dann -wie der "Zufall" so will - wurde ich auf Daniel aufmerksam.
Damals hatte ich die Schüler des 10. Jahrgangs übernommen, die das erste Spanischjahr in der 9. Klasse bei einem Kollegen gehabt hatten. Daniel war ein sympathischer Schüler, aber sehr still. Ich habe schon den einen oder anderen Schüler gehabt, der mündlich nicht viel mitmachte, nur war wenigstens das Schriftliche ok. Bei Daniel fiel auf, dass er überhaupt nichts sagte und wenn ich ihn mal dran nahm, wusste er überhaupt keine Antwort. Im Schriftlichen waren seine ersten Noten eine sechs und eine fünf.
Ich nahm mir dann seine Schülerakte und las darin, dass er in der 7. Klassein unsere Gesamtschule kam, er musste "runter" vom Gymnasium. Ich las, dass Daniel Legastheniker war, die Eltern hatten sämtliche Tests an einer Uniklinik machen lassen. Aus den verschiedenen Unterlagen und Briefen war zu entnehmen, dass sie einen langen Kampf im Gymnasium hinter sich hatten, dort wollte man Daniels Legasthenie nicht anerkennen und so fiel er in Deutschund Latein durch.
Mit diesem Hintergrund-Wissen "nahm" ich mir Daniel vor. Er war sehr demotiviert, er erzählte, dass er im ersten Spanischjahr eine sechs im Zeugnis bekommen hatte und dass mein Kollege ihm gesagt hatte, er könne ja gar nichts und würde es nie packen! Daniels Selbstbewusstsein war "am Boden"und er sagte, dass er halt Legastheniker wäre. Ich hatte lange Gespräche mit ihm und versuchte ihn aufzubauen. Ich erzählte ihm von einem tollen Buch, das ich gerade gelesen hatte, Ronald Davis "Legasthenie als Talentsignal"und machte ihm klar, dass er eine ganz andere Art wahrzunehmen, zu denken hatte. Das ist kein Manko sondern ein Talent wie Davis so eindrucksvoll beschreibt.
====== das buch empfehle ich auch seit jahren, außerdem konnte ich den verlag damals zu einem HÖRBUCH bewegen, da ja viele betroffenen (jungen) erwachsenen das buch gar nicht selber lesen können. gibt es inzwischen auch seit jahren... ich glaube sogar, wir könnten es (noch) im shop haben...

Ich sagte Daniel, ich konzipiere die Spanischarbeiten normalerweise so, dass man auch mit Rechtschreibfehlern bestehen kann, wenn das Andere stimmt...also wenn er auch was dafür tut. Und ich sagte ihm, ich unterstütze ihn dabei, wir probieren es mit der Birkenbihl Methode. Die nächste Lektion de-kodierte ich für ihn und danach machte er es größtenteils selber. Damals waren CD-Player bzw. Discman nicht so weit verbreitet und so nahm ich für Daniel jede Lektion in einer Kurzkassette auf (beide Seiten voll damit das Hören/Passiv auch gut klappte). Sie erinnern sich, liebe Frau Birkenbihl? Ein Superservice von Ihnen, die Kurzkassetten extra für Ihre Kunden herstellen zu lassen.
====== ja, da bin ich auch sehr froh, daß ich das durchboxen konnte, was sehr schwer damals. denn es gab ja kurzbänder auf dem markt (für daten am computer) aber die konnte man mit ton kaum nutzen. deshalb ließen wir gute bänder in 6 und 10 min. länge anfertigen...

Daniel war wie ausgewechselt, ich "betreute" ihn außerhalb des Unterrichts in den Pausen oder in der einen oder anderen freien Stunde, die er hatte. Es war schön mitzuerleben, wie er von den ersten Erfolgserlebnissen erzählte,die er zu Hause "im stillen Kämmerlein" hatte. Die Birkenbihl Methode hatte es möglich gemacht: Zum ersten Mal konnte er was in Spanisch verstehen! Und irgendwann traute er sich auch im Unterricht zu melden. Ach ja, nachdem die Schüler eine der letzten Arbeiten im Schuljahr geschrieben hatten, fragte mich der Kollege ob er Daniels Arbeit sehen könnte. Erstaunt sagte er dann:>>Das kann nicht der Daniel geschrieben haben, er muss abgeschrieben haben...bei mir hat er immer nur leere Blätter abgegeben!<< :-)
======== in winterthur erzählte ich von einer slum-highschool in einem teil von los angeles, wo ein sehr engagierter lehrer großartiges bewirkt hatte, so daß diese schüler eine der schwierigsten college-tests bestanden. sofort wurde angenommen, man hätte betrogen, weil "solche schüler" solche leistungen niemals erbringen könnten. sie mußten die prüfung ein zweites mal unter striktester aufsicht wiederholen, und selbst dann konnte man es kaum glauben... tja, diese MEME (vgl. mein video "Viren des Geistes")

Seine Note im Abschlusszeugnis war eine gute vier. Aber es ging nicht nur um die Noten- es war ein schönes Gefühl zu erleben, dass Daniel der Spanischunterricht Spaß machte und wie er sagte, er übte zu Hause gerne und ganz freiwillig :-)
====== eben! gehirn-gerechtes lernen ist LUST auslösend, deshalb ist ja unser neues motto: lernen ist geil (bzw. für die "Täterinnen": Lernen muß geil WERDEN).

Und das Ende der Geschichte ist auch sehr schön... Daniel verpflichtete sich nach dem Abschluss der 10. Klasse gleich bei der Bundeswehr, er wollte dort eine Ausbildung machen. Einige Monate später kam er zu Besuch in die Schule. Er hatte seine kleine Dienstuniform an und ein breites Lächeln im Gesicht. Er erzählte, dass er bei der Aufnahme unter Sprachen auch Spanisch angekreuzt hatte und war total happy als ihm später mitgeteilt wurde, die Bundeswehr würde ihn zu Spanisch-Sprachkursen schicken, um seine Kenntnisse auszubauen!
======= das ist super! ich freue mich riesig!

Es hat mich auch sehr gefreut, als er sagte, er hätte es nie für möglich gehalten, dass er von der sechs in Spanisch wegkommt und dass er sich sogar getraut hat, es im Aufnahmeformular anzukreuzen. Er bedankte sich mit den Worten "wenn Sie nicht gewesen wären.." Und diesen Dank meines ehemaligen Schülers möchte ich heute an Sie weitergeben, liebe FrauBirkenbihl- wenn SIE nicht gewesen wären :-)
====== danke. aber es braucht halt menschen wie Sie, um es WEITERZUGEBEN. danke dafür!
:-)
vfb

herzliche Grüße
Maria del Carmen Muley